Ethikrats-Vorsitzende: Digitale Arbeit sozial gestalten

Christiane Woopen ist bei der Datenethikkommission der Bundesregierung.

© Kay Nietfeld/dpa

Woopen plädiert für ein breites Verständnis von Arbeit, das etwa die Pflege Angehöriger und Ehrenämter einbeziehe. Ein solches Verständnis habe auch mit dem Steuersystem und der sozialen Sicherung zu tun.

Ethikrats-Vorsitzende: Digitale Arbeit sozial gestalten
Die Vorsitzende des Europäischen Ethikrates, Christiane Woopen, hat für eine bewusste gesellschaftliche Gestaltung der Digitalisierung der Arbeitswelt plädiert. Die sozialen Transformationen im Zuge technologischer Innovationen würden leider oft vernachlässigt, sagte Woopen am Mittwochabend in Brüssel.

"Wenn die Menschen sich nicht wehren, wenn sie nicht gestaltend eingreifen, dann werden vielleicht wirklich viele Berufe und Arbeitsplätze verschwinden", erklärte sie bei einer Veranstaltung zur Zukunft der Arbeit. Mit Blick auf die Art neuer Arbeit erklärte Woopen, es werde künftig viel auf die Deutung von Daten ankommen. Auch hier seien soziale Vorgaben bedeutsam, gerade wenn künstliche Intelligenz (KI) einen Teil der Arbeit erledige. "Wenn Sie eine künstliche Intelligenz mit einem Datensatz füttern, der von Vornherein dem KI-System beibringt, dass Frauen schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben als Männer, dann wird dieses KI-System am Ende dann auch solche Entscheidungen treffen - und Frauen schlechtere Werte zumessen als Männern", sagte die Professorin für Medizinethik.

Insgesamt plädierte Woopen für ein breites Verständnis von Arbeit, das etwa die Pflege Angehöriger und Ehrenämter einbeziehe. Ein solches Verständnis habe auch mit dem Steuersystem und der sozialen Sicherung zu tun, bemerkte sie. Woopen, bis 2016 Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, ist seit 2017 Vorsitzende des Europäischen Ethikrates (European Group on Ethics in Science and Technologie). Das von der EU-Kommission eingesetzte interdisziplinäre Gremium berät die Kommission in ethischen Fragen von Technologie und Wissenschaft.

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Auch der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, warb in Brüssel für ein breites Verständnis von Arbeit, welches er theologisch begründete. Die Geschöpflichkeit des Menschen und das damit verbundene schöpferische Potenzial "drängt darauf, dass Menschen gestaltend auf ihre Umwelt einwirken", erklärte der Sozialethiker. Jeder Mensch habe daher ein Recht, an der gestaltenden Arbeit in der Gesellschaft teilzunehmen.

Mit Blick auf die Entwicklung der entlohnten Arbeit wandte sich Huber entschieden gegen das bedingungslose Grundeinkommen. Er sei "empört" darüber, dass gerade die Chefs personalintensiver Betriebe in Deutschland in den vergangenen Monaten dieses Themas aufgenommen hätten. Der Prozess müsse auch von den Unternehmen so gestaltet werden, "dass Menschen mitgenommen werden und auch in der Erwerbsarbeit einen Platz haben". Diese Aufgabe dürfe nicht einfach "an den Steuerzahler" abgegeben werden.